Ein Gericht hatte zu klären, ob eine vom Arbeitgeber an einem Sonntag eingeworfene Kündigung in den Briefkasten des Arbeitnehmers als fristgerecht zugestellt gilt oder nicht.
10.4.2017 (verpd) Auch wenn ein Beschäftigter nicht ausschließen kann, dass sein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, so ist er zwecks Fristwahrung seines Arbeitgebers nicht dazu verpflichtet, auch sonntags in seinen Briefkasten zu schauen. Das geht aus einem veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hervor (Az.: 2 Sa 149/15).
Eine Frau war in einer Anwaltskanzlei beschäftigt. Sie befand sich noch in der Probezeit, als ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Die Probezeit endete vertragsgemäß an einem Sonntag, den 30. November. An diesem Tag befand sich ihr Chef, wie in der Kanzlei üblich, im Büro. Er kündigte das Arbeitsverhältnis unter vermeintlicher Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen zum 15. Dezember, indem er der Frau das Kündigungsschreiben noch am gleichen Tag, also am Sonntag, den 30. November, persönlich in ihren Hausbriefkasten warf.
Nach ihren Angaben fand die Frau das Schreiben jedoch erst am nächsten Tag vor. Denn sie habe keine Veranlassung dazu gehabt, an einem Sonntag in ihren Briefkasten zu schauen. In ihrer gegen ihren Arbeitgeber eingereichten Klage machte sie daher geltend, dass das Arbeitsverhältnis frühestens am 31. Dezember beendet wäre. Zu Recht, urteilten die Richter des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein. Sie gaben der Klage der Frau statt.
Zu spät
Das Gericht bestätigte die Rechtsauffassung der Klägerin, dass ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu spät gekündigt habe. Während einer Probezeit gelte zwar eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Nach Ablauf dieser Frist könne das Arbeitsverhältnis jedoch nur unter Einhaltung einer Vierwochenfrist zum 15. beziehungsweise zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
Der beklagte Rechtsanwalt habe das Arbeitsverhältnis daher zu spät gekündigt, um sich noch auf die für in der Probezeit anzuwendenden Kündigungsfristen berufen zu können. Denn ein Arbeitnehmer sei grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, auch sonntags in seinen Briefkasten zu schauen. Entscheidend sei nämlich, wann ein Arbeitgeber die Kenntnisnahme der Kündigung durch den Arbeitnehmer erwarten dürfe.
Das gilt nach Ansicht des Gerichts auch dann, wenn einem Beschäftigten bekannt sein muss, dass seine Probezeit an einem Sonntag endet und wenn er weiß, dass sein Arbeitgeber üblicherweise auch sonntags arbeitet. Das Kündigungsschreiben ist der Klägerin folglich einen Tag zu spät, das heißt außerhalb der Probezeit, zugegangen. Auch den Einwand des Rechtsanwalts, dass am Wohnort der Klägerin sonntags auch Wochenblätter verteilt werden, ließen die Richter nicht gelten. Denn das sei mit der Zustellung von Briefpost nicht vergleichbar.
Sein Recht wahrnehmen
Das Urteil belegt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, gegen eine nach eigener Meinung ungerechtfertigte oder verspätete Kündigung des Arbeitgebers vorzugehen.
Allerdings müssen bei einem Arbeitsrechtsstreit Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der ersten Instanz die eigenen Rechtsanwaltskosten selbst tragen, und zwar unabhängig vom Ergebnis.
Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung übernimmt für den Arbeitnehmer im Versicherungsfall jedoch die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat. Ein derartiger Kostenschutz hilft letztendlich dabei, dass man nicht aus finanziellen Gründen auf sein Recht verzichten muss.