Gesundheitsrisiko Job: Eine Studie einer medizinischen Universität hat sich mit den Auswirkungen einer (zu) langen Arbeitszeit befasst.
3.4.2017 (verpd) Ein Acht-Stunden-Arbeitstag ist eine „gesunde Basis“. Wer länger arbeitet, muss um die zehnte Stunde herum mit einem Leistungsknick rechnen. Eine angestaute Ermüdung nach zu langer Arbeit verhindert den Erholungseffekt der Freizeit. Wer jahrelang 50 Stunden oder länger pro Woche arbeitet, setzt seine physische und psychische Gesundheit aufs Spiel. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Studie der Medizinischen Universität Wien.
Für „Selbstständigkeit“ gibt es einerseits eine rechtliche Definition, andererseits eine, die sich in einem kurzen Satz ausdrücken lässt: Selbstständig heißt ‚selbst‘ und ‚ständig‘. Doch auch Arbeitnehmer, die bei einer Firma angestellt sind, haben ebenso wenig eine Garantie für ein beschauliches Leben.
Im Gegenteil: Gerade so mancher Arbeitnehmer – auch wenn er nicht unbedingt im Spitzenmanagement arbeitet – wird davon ein Lied singen können, und in manchen Berufen gehören lange Arbeitstage zum Standard. Die Studie „Work-related self-assessed fatigue and recovery among nurse“ des Zentrums für Public Health der Medizinischen Universität Wien, Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin, ist nun der Frage nachgegangen, wie sich ein Zuviel an Arbeit auswirkt.
Zu müde, um sich erholen zu können
Die Studienautoren Dr. Gerhard Blasche und Daniela Haluza haben hierzu die Belastung von Altenpflegern in Seniorenwohnheimen an Zwölf-Stunden-Arbeitstagen untersucht. Das Ergebnis: Die langen Dienste führen zu einer erheblichen Tagesermüdung, die nur schwer auf normalem Weg durch die Tagesfreizeit abgebaut werden kann.
Darüber hinaus bringen sie Gesundheitsrisiken mit sich und erhöhen die Gefahr von Fehlern und Unfällen. „Der Ermüdungszuwachs während eines Zwölf-Stunden-Tagdienstes ist dreieinhalb Mal höher als an einem arbeitsfreien Tag“, so die Wissenschaftler. Außerdem nehme die Ermüdung bei zwei aufeinanderfolgenden Zwölf-Stunden-Diensten weiter signifikant zu.
Und: „Die Erholung am Tagesrand reicht in diesem Fall nicht aus, um diese Ermüdung sofort auszugleichen.“ Nach zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit je zwölf Stunden Arbeitszeit müsste man drei Tage freinehmen, um sich vollständig zu erholen, wie es heißt.
Dauerhaft zu lang arbeiten erhöht Erkrankungsrisiko
Generell gebe es praktisch bei jedem Menschen spätestens ab der zehnten Tagesarbeitsstunde einen „deutlichen Leitungsknick“, womit eine erhöhte Unfallgefahr im Beruf oder im Straßenverkehr einhergehe. Deshalb, so eine Schlussfolgerung der Studie, sollte die Tagesarbeitszeit in der Regel acht Stunden nicht überschreiten.
Wer jedoch „jahrelang 50 oder mehr Stunden pro Woche arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise für die Zunahme psychischer Erkrankungen“. Letzteres gelte insbesondere für Frauen. „Das kommt wahrscheinlich wegen der höheren zusätzlichen Belastung durch Kinderbetreuung“, so die Studienautoren. Längere Arbeitstage beziehungsweise geblockte Arbeit seien ebenfalls nicht sinnvoll.
Die fortgeschrittene Ermüdung bewirke dann, dass eine „überproportional größere Anstrengung erforderlich“ sei, um die Leistung zu erbringen, „mit der dazugehörigen Stressreaktion“. Die angestaute Ermüdung verhindere zudem, dass man die Freizeit auch richtig genießen kann.
Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten sollten
Generell neige der Mensch „in unserer leistungsorientierten Gesellschaft“ eher dazu, sich zu verausgaben. Daher müssten die Unternehmen darauf achten, dass die Arbeitnehmer Pausen einlegen und dazu anregen, diese auch wirklich zu nutzen.
Gesundheitsexperten raten Arbeitnehmern, mit Kollegen und Führungskräften zu sprechen oder nach Hilfe zu fragen, wenn die reguläre Arbeitszeit regelmäßig überschritten wird. Dies ist kein Zeichen von Schwäche, sondern der Beweis für eine gute Teamarbeit. Wird ein Arbeitnehmer nämlich durch die ständige Überlastung krank, müssen zum einen die Kollegen seine Arbeit mit übernehmen.
Zum anderen besteht die Gefahr, dass derjenige, der ständig 120 Prozent Leistung bringt, schnell von den Personal-Verantwortlichen als Maßstab für die Kollegen genommen wird, die dann ebenfalls die gleiche Leistung bringen sollten. Es ist zudem auf keinen Fall ratsam zu versuchen, sich bei ständigem Stress mit teils frei verkäuflichen Medikamenten dauerhaft fit zu halten. Wer sich über längere Zeit gestresst fühlt und keine Aussicht auf Besserung sieht, sollte sich einem Arzt anvertrauen, um mögliche stressbedingte Erkrankungen zu verhindern.